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Segeln mit Kindern

ChiemseesegelnIm Jahr 2006 hatten Anna, Leoni und ich die Gelegenheit, zusammen mit der Familie meines Bruders sowie einem gemeinsamen Freund einen Segeltörn auf einem Katamaran Lavezzi 40 von Fountaine-Pajot zu unternehmen. Wir hatten uns bewusst für einen Kat entschieden, weil Leoni zu dem Zeitpunkt 14 und unser Neffe Tobias 10 Monate alt war. Wir waren mit Leoni 3 Wochen nach ihrer Geburt zum ersten Mal am Chiemsee segeln gewesen, aber jetzt stand die Sachlage doch ein bisschen anders, da sie ausgezeichnet gehen konnte und natürlich das ganze Schiff unsicher machen wollte. Während ihrer Chiemsee-Segelzeit war es weder für uns noch für die Kleine ein großes Problem, segeln zu gehen. Wir ließen sie meist in ihrer Baby-Schale sitzen, wo sie sich wie sonst an Land auch mit Schlafen, Essen und Spielen beschäftigen konnte. Die Frage des Über-Bord-Gehens stellte sich nicht; einzig die Baby-Schale wollte gut verkeilt sein, so dass es beim Wechsel vom einen auf den anderen Bug zu keinen Problemen kam.

LeineAuf dem großen Boot war zum Thema Sicherheit doch einiges zu beachten. Wir hatten den Vercharterer gebeten, ein Relingsnetz zu spannen, was dieser auch problemlos erledigte. Am Schiff angekommen stellte sich jedoch heraus, dass nur die beiden Seiten, nicht aber Heck und Bugbereich gesichert waren. Insofern war schnell klar, dass man sich keinesfalls auf diese trügerische Sicherheit verlassen konnte. Ich glaube, dass sich die Situation auch bei größeren Kindern nicht bessert, wenn nicht rundherum abgeschlossen ist. Selbst dann würde ich die Kids niemals ohne Leine an Deck lassen. Wir hatten beide Kinder mehr oder minder rund um die Uhr angeleint – Ausnahme während der Schlafenszeiten. Für Leoni hatte ich einen Kinder-Lifebelt besorgt, den wir zusätzlich noch mit einem Schrittgurt ausgestattet hatten, und Tobias trug einen Kinder-Brustgurt aus der Sportkletterei, ebenfalls mit Schrittgurt. Die Leinen wurden oberhalb des Saloneingangs an den kurzen Biministützen befestigt, wobei wir die Leinenlänge so regulieren konnten, dass zum Beispiel ein Verlassen des Cockpits oder Besteigen der Sitzbänke nicht möglich war. Gleichzeitig war damit auch ein zweites großes Problem gelöst: die Niedergänge in die Rümpfe konnten nicht vernünftig abgesichert werden (zumindest nicht auf dem Charterschiff – am eigenen Boot kann man vielleicht wie zu Hause auch Treppensperrgitter anbringen), und so wirkten die Leinen als Auslaufsperre sowohl nach außen als auch innen.

FamilieMan mag sich vielleicht fragen, ob es nicht auch eine Schwimmweste getan hätte. Wir glauben, dass dies keinesfalls so ist. Für uns hatte es höchste Priorität, ein über Bord gehen zu verhindern, was bei den großen „Löchern“ im Relingsnetz leicht möglich gewesen wäre. Außerdem hatten wir festgestellt, dass Leoni die Netzstruktur wunderbar dazu benutzen konnte, über die Reling zu klettern. Ein Relingsnetz ist für Kinder in diesem Alter völlig wirkungslos und kann bestenfalls dafür sorgen, dass irgendwelches Spielzeug, Handtücher und ähnliches an Bord bleiben. Die Lifebelt-Leinenkombination hatte auch noch einen anderen Vorteil: wir waren ja häufig an Land in der Nähe von Wasser unterwegs (Hafenbecken!), und hier konnten wir der Kleinen gestatten, ihr Bedürfnis nach Herumgerenne zu stillen, indem wir einfach die Leine in der Hand führten und sie bei Bedarf zurückhalten konnten. Weit besser, als sie ständig an der Hand zu halten (Ding der Unmöglichkeit) oder sie nur im Buggy herumzufahren. Und was uns schließlich noch besser gefiel: in den Cafehäusern und Restaurants banden wir sie an und gaben ihr ein paar Meter Leine, und sie konnte nach Herzenslust in der Fußgängerzone, an der Pier etc. herumlaufen, während wir Erwachsenen im Freien zu Tisch saßen. Hat sich absolut bewährt.

Zur Sicherheit gehört auch noch die Auswahl des Schiffstyps. Wir waren nach der Woche (zum Teil mit Starkwind) einhellig der Meinung, dass nur ein Katamaran für einen derartigen Törn geeignet war. Es ist undenkbar, einen ganzen Tag mit den beiden Kids auf schrägem Boden zu verbringen. So hatten wir zum Beispiel jeweils einen dieser robusten und zerlegbaren Plastik-Kindersitze von Ikea dabei, die dann auch ständig in Gebrauch waren (Essen, Rasten, Buch vorlesen, Bilder schauen etc.). Allein das wäre auf einem Mono nicht möglich gewesen. Man könnte einwenden, dass viele Weltumsegler mit Kindern auf Monos unterwegs sind. Kann sein, aber den Stress und die Unbequemlichkeit würden wir uns für eine Woche Charter nicht antun. Erst wenn die Kinder 2 -3 Jahre alt sind würde das aus unserer Sicht gehen.

PoolDie Körperpflege der Zwerge hatte uns auch im Vorhinein Gedanken gemacht. Allerdings war dies dann letztlich überhaupt kein Problem – Windeln wurden am Salontisch, am Boden oder der Sitzbank gewechselt (die aufblasbaren Windelwechselliegen von Ikea waren dafür perfekt geeignet), und das Baden wurde eben zu Duschen umfunktioniert. Außerdem hatten wir einen kleinen Kinderpool mit, der auf dem Netz zwischen den Rümpfen (Kat …) fast jeden Tag zu Einsatz kam. Wir hatten ihn am Anfang des Törns gefüllt und gaben dann je nach Notwendigkeit einfach einen Topf warmes Wasser hinzu – fertig. Die zwei Kleinen konnten so nach Herzenslust plantschen, und das sogar während der Fahrt, wobei wir sie auch im Pool immer angeleint hatten. Als kleiner Nachteil stellte sich heraus, das wir natürlich ohne Landstrom die Haare nicht fönen konnten, aber so kriegten die Beiden nach dem Bad einfach ein Kappe aufgesetzt, damit sie sich Kopf und Ohren im Wind nicht verkühlen konnten.

FamilieWir achteten auch sehr darauf, dass die Haut der Kinder immer gut vor der Sonne geschützt war. Entsprechende Kleidung und Sonnenhut waren obligatorisch, und der unbedeckte Rest wurde ordentlich mit Sonnencreme Faktor 40 oder mehr eingeschmiert. Trotz einer Woche strahlenden Wetters gab es auch keinen Sonnenbrand zu vermelden (bei den Kids zumindest …). In der Zeit im Pool hatte Leoni ein Lycra-Shirt an, das sich auch am Strand bestens bewährte, weil es halt sehr rasch wieder trocknet. Generell achten wir beim Segeln darauf, auch für uns viele weiße Kleidungsstücke aus Schutz vor der Hitze zu verwenden. Ein Problem konnte nicht zufriedenstellend gelöst werden: Augenschutz. Wir hatten zwar die australischen Baby-Banz über Ebay besorgt, aber wahrscheinlich bei Leoni zu wenig für Akzeptanz gesorgt. Beim nächsten Törn vielleicht …
Leoni hatte immer rutschfeste Sandalen an, aber es waren auch Stiefel an Bord. Es regnete zwar nicht, aber wetterfeste Kleidung war nicht nur für die Erwachsenen dabei.

Am SteuerDie Nahrungszubereitung für die Kleinen konnte mit dem Gasherd problemlos bewerkstelligt werden. Wir hatten uns für die Woche mit HIPP-Gläsern ausgestattet, die in Wasserbad aufgewärmt wurden. Wichtig war es, genug Wasser für den Abendbrei mitzunehmen - das Wasser aus den Tanks mochten wir nicht verwenden. Ein größeres Thema zumindest für Leoni war der mangelnde Bewegungsspielraum (Tobias war zu dem Zeitpunkt noch nicht mobil). Nach ein, zwei Stunden an der Leine oder im Sitz konnte sie schon quengelig werden. Meist war es aber irgendwann sowieso an der Zeit für die Mittagsmahlzeit bzw. den Mittagschlaf, und danach ging es wieder einige Zeit. Besonders fiel auf, dass sie natürlich auch immer da sein wollte, wo sich die Erwachsenen aufhielten – am Steuerrad. Nichts machte ihr mehr Spaß, als auf der Bank zu stehen und wie eine Großem herumzukurbeln – lustig anzusehen.

Die Mütter hatten insgesamt viel zu tun, um die Kinder bei Laune zu halten. Insofern war die Rollenaufteilung relativ bald klassisch – die Väter segeln, die Mütter kümmern sich um den Nachwuchs. Dies ist ein Bereich, den wir beim nächsten Mal durch ein bisschen mehr Planung und Einteilung verbessern würden (z.B. jeden Tag wechseln die Aufgaben). MosersMan muss auch sagen, dass sicherlich Mehraufwand im Vergleich zum Land getrieben werden muss, weil einfach nicht so viel Platz ist und sich der Nachwuchs weniger mit sich selbst beschäftigen kann; außerdem gibt es mehr Verbote, was den jeweiligen Aufenthaltsort des Sprösslings anbelangt und das frustriert natürlich. An Spielzeug hatten wir die Lieblingsgegenstände mit und dabei speziell darauf geachtet, keine kleinen Sachen mitzunehmen, die leicht über Bord gehen könnten. Das Schlafen in der engen Kabine hatten wir uns im Übrigen vorher etwas problematischer vorgestellt – freilich wird’s zu dritt auf 1.50m Breite ein bisschen eng, aber letztlich war das überhaupt kein Thema.

Wir Erwachsenen konnten uns vor Seekrankheit mit Tabletten schützen (wir stehen auf Stugeron mit dem Wirkstoff Cinnarizin, das wir aus England bestellen), bei den Kindern war es aber schwieriger (oder leichter - wir wollten ihnen sowieso keine Medikamente geben). Leoni zeigte sich bislang relativ unbeeindruckt, Tobias aber hatte einen Tag, an dem er sehr unzufrieden war - möglicherweise wegen der Beeinträchtigung durch die Schiffsbewegungen. Die Zwerge hatten generell am Schiff etwas weniger Appetit.

In Summe kann man sagen, dass ein Segeltörn auch mit kleinen Kindern kein großes Problem darstellt und bei entsprechender Vorbereitung sicher und kurzweilig abgewickelt werden kann. Und obendrein – ein riesengroßer Spaß ist es auf jeden Fall!

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